Wer nicht an ein Leben nach dem Tod glaubt, erwartet stattdessen unendliche Dunkelheit, Stille, Leere. Zu Unrecht, sagt Tom Clark. Hier erklärt der US-amerikanische Philosoph, warum es keinen Sinn ergibt, sich vor dem ewigen Nichts im Jenseits zu fürchten.
„Denn nur der Tod vernichtet allen Sinn, alles Werden, um sie durch Nicht-Sinn und absoluten Stillstand zu ersetzen.“
– F. González-Crussí
„Persönlich würde ich mich nicht im Geringsten für Unsterblichkeit interessieren. Es gibt nichts Besseres als das Vergessen, denn im Vergessen gibt es keinen unerfüllten Wunsch. Wir hatten es schon, bevor wir geboren wurden, und haben uns nicht beschwert. Sollen wir nun jammern, weil wir wissen, dass es zurückkehren wird? Das Vergessen ist für mich genug Elysium.“
– H. P. Lovecraft
Die oben zitierten Worte bringen eine gängige säkulare Vorstellung vom Tod auf den Punkt. Wenn wir die traditionellen religiösen Versprechen von einem Leben im Jenseits oder deren verschwommene New-Age-Äquivalente ablehnen und stattdessen die hartgesottene und durch und durch moderne materialistische Sicht auf den Tod vertreten, landen wir wahrscheinlich bei González-Crussí und vielleicht bei Lovecraft. Wir lehnen dann Vorstellungen von einem Wiedersehen mit geliebten Menschen oder vom Übergang ins Licht ab und erwarten das Gegenteil: Dunkelheit, Stille, eine alles verschlingende Leere, ein friedliches Vergessen. Doch wenn wir das tun, irren wir uns.
Die Frage, welches Schicksal uns nach dem Tod erwartet, ist ein heikles Thema, aber trotzdem sollte der Irrglaube an ein Nichts im Jenseits korrigiert werden. Dieser Irrglaube ist so weit verbreitet und für diejenigen, die mit dem Tod konfrontiert sind (wir alle, früher oder später), psychologisch so lähmend, dass es sich lohnt, die fehlerhafte, eher unterschwellige Logik, die uns einredet, das Sterben führe ins „Nichts“, genauer zu betrachten.
Auch hier geht es um die Sichtweise: Wenn wir sterben, ist das, was danach kommt, das Nichts; der Tod ist ein Abgrund, ein schwarzes Loch, das Ende der Erfahrung; er ist das ewige Nichts, die endgültige Auslöschung des Seins. Und hier liegt, kurz gesagt, der Irrtum dieser Sichtweise. Er besteht darin, das Nichts zu verdinglichen – es zu einem positiven Zustand oder einer positiven Eigenschaft (zum Beispiel der „Schwärze“) zu machen – und dann das Individuum nach dem Tod darin zu platzieren, sodass es irgendwie ins Nichts fällt, um dort ewig zu bleiben. Das gestorbene Subjekt wird damit auf unzulässige Weise in eine Situation nach dem Tod projiziert, eine Situation ohne Erfahrungen, die man als „positives Nichts“ bezeichnen kann. Epikur hat diesen Irrtum vor Jahrtausenden geschickt widerlegt, als er sagte: „Wenn ich bin, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, bin ich nicht mehr.“ Aber leider ist diese Weisheit weitgehend übersehen oder vergessen worden. Im Folgenden werde ich versuchen, Epikurs Einsicht zu verfeinern und ihre Implikationen anhand eines Gedankenexperiments anschaulich zu machen.
Der Irrtum besteht darin, das Nichts zu verdinglichen.
Tom Clark
Keinswegs war es so, dass es in jüngerer Zeit keine Versuche gegeben hätte, dem Mythos des Nichts zu begegnen. Besonders ist dies durch den Philosophen Paul Edwards in seinem klassischen Aufsatz von 1969, „Existentialism and Death“, geschehen. Weiter unten werde ich meine eigenen Beispiele für jene anführen, die von der Vorstellung der Leere betört wurden, aber bevor ich fortfahre, muss ich mich vor Edwards‘ „Who‘s who“ der Denker verneigen, die in diese besondere begriffliche Falle getappt sind. Er zitiert Shakespeare, Heine, Seneca, Swinburne, Houseman, Mencken, Bertrand Russell, Clarence Darrow, James Baldwin und andere, die sämtlich zu dem Schluss kamen, dass, wie Swinburne es ausdrückte, der Tod „ewige Nacht“ sei. Zumindest befinden sich also alle, die nach dem Tod das Nichts erwarten, in ziemlich prominenter Gesellschaft.
Wenn es, wie ich argumentieren werde, unmöglich ist, dass das Nichts etwas positiv Existierendes darstellt, das heißt, wenn es wirklich (wie der Begriff andeutet) nicht existiert, dann kann die Situation des Todes nicht darin bestehen, ins Nichts zu fallen. Diejenigen, die Begriffen wie „Seele“ und „Leben nach dem Tod“ skeptisch gegenüberstehen, brauchen sich nicht vor Schwärze und Leere zu fürchten (oder können sich nicht darauf freuen, wenn sie dies bevorzugen). Es gibt keine ewige Abwesenheit von Erfahrung, kein schwarzes Loch, von dem das unglückliche Opfer des Todes verschluckt wird. Wenn wir bewusst die Tendenz ausmerzen, uns in eine Situation zu projizieren, die auf den Tod folgt, und wenn wir die Vorstellung des positiven Nichts fallen lassen, dann verliert das falsche Bild an Plausibilität und es entsteht ein ganz anderes.
Glauben die Menschen wirklich noch, wie ich behaupte, an eine Art positives Nichts? Ich werde genügend Beispiele anführen, um zu zeigen, dass weit über Edwards‘ Berühmtheiten hinaus viele eine solche falsche Vorstellung hegen. Bei der Entwicklung einer plausiblen Alternative werden meine Arbeitsannahmen und meine Leitphilosophie entschieden naturalistisch, materialistisch und nicht-dualistisch sein. Ich gehe nur von einem einzigen Universum aus, das aus miteinander verbundenen Phänomenen besteht, einem Universum ohne Seelen, Geister, mentale Essenzen und dergleichen. Vor allem besitzen Personen in diesem Sinne keine wesentliche Kernidentität (kein unteilbares Selbst oder eine Seele), sondern bestehen nur aus relativ stabilen Konstellationen von Dispositionen und Merkmalen, sowohl physischer wie psychologischer Art. Auch wenn einige der Schlussfolgerungen, zu denen ich komme, für jene, die dem Naturalismus zugeneigt sind, kontraintuitiv klingen mögen, so liegt dies doch nicht daran, dass meine Argumentation von naturalistischen Annahmen abweicht. Und für Leser, die dem Naturalismus skeptisch gegenüberstehen, sind diese Schlussfolgerungen vielleicht gar nicht so ungenießbar, wie mein Ausgangspunkt womöglich vermuten lässt.
Vorwegnahme des Nichts
In Bill Moyers‘ Fernsehreihe „A World of Ideas“ hat Isaac Asimov einmal die traditionelle religiöse Vorstellung von unserem Schicksal nach dem Tod infrage gestellt: „Wenn ich sterbe, komme ich weder in den Himmel noch in die Hölle, sondern es wird einfach das Nichts da sein.“ Asimovs naturalistisch begründete Skepsis gegenüber dem Himmel und der Hölle ist unter Säkularisten weit verbreitet (sie gründet auf der Annahme, dass es keine Beweise für solche Orte gibt). Doch in seiner unbekümmerten Annahme hinsichtlich des Nichts begeht Asimov einen ebenso weit verbreiteten Irrtum – er unterstellt, dass das Nichts „sein“ könnte. Indem er Himmel und Hölle durch das Nichts ersetzt, impliziert Asimov, dass es uns nach dem Tod erwartet. Wenn wir das Wort „Nichts“ verwenden, können wir auf eine eher beiläufige, unreflektierte Weise denken, dass etwas existiert, das nicht existiert, was aber selbstverständlich nicht bloß ein bisschen widersprüchlich ist. Wir sollten schlicht erkennen, dass das Nichts nicht existiert. Punkt.
Ich habe eine Restangst vor der Hölle.
Anthony Burgess
Der Philosoph Robert Nozick vertritt in seinem Buch „The Examined Life“ annähernd die gleiche Ansicht wie Asimov, und zwar im gleichen Kontext. Er widerlegt in sehr respektvollem Ton das Wunschdenken, es gäbe ein Leben nach dem Tod, das die Erinnerungen und die Persönlichkeit einer gegenwärtig existierenden Person einschließt: „Es mag nett sein, an eine solche Theorie zu glauben, aber ist die Wahrheit nicht viel drastischer und klarer? Dieses Leben ist die einzige Existenz, die es gibt; danach gibt es nichts.“ Obwohl er es wahrscheinlich nicht beabsichtigt, könnte Nozick mit diesen Worten dem Unvorsichtigen suggerieren, das „Nichts“ sei so etwas wie ein Zustand, in den wir eintreten und aus dem wir nie wieder zurückkehren. Doch, wie Paul Edwards in „Existentialism and Death“ erklärt, ist der Tod kein Zustand, keine Lage, in der wir uns nach dem Sterben befinden. Natürlich bestreite ich nicht, dass wir sterben und verschwinden, sondern ich bestreite nur, dass wir in etwas übergehen, das man Nichtexistenz oder Nichts nennt.
Das reichhaltigste Beispiel liefert mir der Schriftsteller Anthony Burgess in seinen Memoiren „You‘ve Had Your Time: The Second Part of the Confessions“. Der folgende Absatz aus seinen Meditationen über den Tod enthält mehrere schöne Variationen zum Thema „Nichts“:
„Bin ich glücklich? Wahrscheinlich nicht. Nachdem ich die vorgeschriebene biblische Altersgrenze überschritten habe, denke ich an den Tod, und der Gedanke gefällt mir nicht. Ich habe eine Restangst vor der Hölle und sogar vor dem Fegefeuer, die sich auch durch die Lektüre rationalistischer Autoren nicht vertreiben lässt. Wenn es nach dem Tod nur Dunkelheit gibt, dann ist diese Dunkelheit die letzte Realität, und die Liebe zum Leben, die ich zeitweise empfinde, stellt keine Vorbereitung darauf dar. Angesichts der herannahenden Schwärze, die Winston Churchill scherzhaft als schwarzen Samt bezeichnete, erscheint es frivol, sich mit einer Welt zu beschäftigen, die bald wie ein Fernsehbild bei einem Stromausfall verblassen wird. Aber Wut auf das Sterben des Lichts ist nur menschlich, vor allem, wenn es noch etwas zu tun gibt, und meine Wut fühlt sich für mich manchmal wie Wahnsinn an. Es geht nicht nur um Werke, die ich nie schreiben werde, es geht um Ungelerntes. Ich habe begonnen, Japanisch zu lernen, aber es ist zu spät; ich habe begonnen, Hebräisch zu lesen, aber meine Augen werden die Symbole nicht mehr rechtzeitig entziffern. Wie kann man in Frieden dahinscheiden, wenn man so große Unwissenheit in einen Zustand totaler Unwissenheit trägt?“
Listen wir die thematischen Variationen in Burgess‘ Worten auf, dann erhalten wir: „Dunkelheit nach dem Tod“, „herannahende Schwärze“, „schwarzer Samt“, „eine Welt, die bald verblassen wird“, „das Sterben des Lichts“ und „ein Zustand totaler Unwissenheit“. All dies drückt Burgess‘ Erwartung aus, dass der Tod den Eintritt in ein Reich ohne Erfahrung und Eigenschaften bedeutet, einen Zustand, der dem Verlust aller Empfindungen (González-Crussís‘ „Nicht-Sinn“), aller Wahrnehmungen und aller Gedanken gleichkommt. Er wütet gegen die bevorstehende Ankunft des Nichts, die ewige Erfahrung des Nicht-Erlebens, in der das Subjekt auf irgendeine Weise dauerhaft Zeuge seiner eigenen Auslöschung wird. Doch der Tod schließt eine solche Erfahrung oder Zeugenschaft aus, es sei denn, wir glauben insgeheim, wie Burgess es zu tun scheint, dass wir im Tod als eine Art Pseudo-Subjekt fortbestehen, dem sich die Ewigkeit als „schwarzer Samt“ präsentiert. Sowohl Burgess als auch Nozick und Asimov bestreiten, dass sie in irgendeiner Form überdauern, was ihr Bild vom Subjekt, das nach dem Tod im Nichts gefangen ist, ziemlich widersprüchlich macht. Da der Tod tatsächlich das Ende des Individuums ist, kann er nicht die Ankunft der Dunkelheit bedeuten, die von einem persönlichen Überbleibsel miterlebt wird.
Da der Tod das Ende des Individuums ist, kann er nicht die Ankunft der Dunkelheit bedeuten, die von einem persönlichen Überbleibsel miterlebt wird.
Tom Clark
Zwei weitere kurze Beispiele, die meiner Meinung nach typisch für jene sind, die dem Tod ohne die traditionellen Versprechen eines Lebens im Jenseits entgegenblicken. Arthur W. Frank, Autor von „At the Will of the Body: Reflections on Illness“, schrieb über seinen Herzinfarkt: „Danach fühlte ich mich immer der Gefahr ausgesetzt, dass ein falscher Schritt oder ein Herzschlag mich wieder über die Klippe stürzen könnten. Ich werde diese Immanenz des Nichts, die Gewissheit der Sterblichkeit, nie verlieren.“ Und Larry Josephs, ein AIDS-Patient, schrieb in der Times: „… Ich hoffe, dass ich mich, wenn die Zeit kommt, dem Tod ins Auge zu sehen, stärker fühle und weniger Angst davor habe, in einen leeren schwarzen Abgrund zu fallen.“
Obwohl die Angst vor dem Tod zweifellos biologisch bedingt und daher bis zu einem gewissen Grad unvermeidbar ist, kann die Angst vor dem Nichts, vor dem schwarzen Abgrund, erfolgreich bewältigt werden. Dafür gilt es, zu sehen und schließlich, wenn möglich, auch zu fühlen, dass der eigene Tod nicht das Ende der Erfahrung bedeutet. Es ist ganz sicher das Ende des Erfahrenden, aber auf dieses Ende folgt kein Sterben des Lichts. Denn die Erfahrung, behaupte ich, erweist sich für das Geschöpf mit der Kapuze, das seine unwilligen Schützlinge in die Nacht führt, als ziemlich undurchdringlich.
Kontinuität und Gegenwärtigkeit
Um dies zu verdeutlichen, ist es hilfreich, einige Fakten über die gewöhnliche Erfahrung zu betrachten. Als Erstes wäre da die zunächst etwas überraschende Tatsache, dass es aus unserer Perspektive als Subjekte der Erfahrung keine Lücken im Verlauf unseres bewussten Lebens gibt. Trotz der Tatsache, dass wir häufig und regelmäßig bewusstlos sind (wenn wir schlafen, vielleicht unter Drogen gesetzt wurden oder ohnmächtig sind und so weiter), stellen diese unbewussten Perioden keine subjektiven Pausen zwischen den bewussten Perioden dar. Das heißt, für das Subjekt gibt es einen unmittelbaren Übergang von der Erfahrung, die dem unbewussten Intervall vorausgeht, zu der Erfahrung, die ihm unmittelbar folgt. Auf dem Operationstisch hören wir uns selbst noch unsere letzte Ermahnung an den Anästhesisten murmeln, es mit dem Pentathol nicht zu übertreiben, um uns im nächsten Augenblick bereits der fluoreszierenden Lichter im Aufwachraum bewusst zu sein. Oder wir erleben einen letzten vagen Gedanken vor dem Einschlafen, und das nächste Erlebnis (wenn es sich nicht um einen Traum handelt, eine andere Art von Erlebnis) ist das Bellen des Nachbarhundes um 6:00 Uhr morgens. Ich werde diese Tatsache der Erfahrung „persönliche subjektive Kontinuität“ nennen.
Diese Kontinuität reicht von unserer ersten Erfahrung als Kind bis zum Augenblick des Todes. Für das Subjekt ist das Leben ein einziger Erfahrungsblock, der durch den Rhythmus der Tage, Wochen, Monate und Jahre gekennzeichnet ist und durch persönliche und soziale Wendepunkte Markierungen erfährt. Auch wenn es offensichtlich und sogar tautologisch erscheinen mag, möchte ich betonen, dass wir uns im Laufe unseres Lebens nie abseits der Bühne befinden, die durch unsere Erfahrung begrenzt wird. Gelegentlich mögen wir den Eindruck haben, eine Phase der Bewusstlosigkeit erlebt oder „durchgemacht“ zu haben, doch das ist natürlich unmöglich. Für das Subjekt stellt das Bewusstsein während des gesamten Lebens eine Konstante dar; das „Nichts“ der Bewusstlosigkeit kann keine erfahrene Wirklichkeit sein.
Was ist aber mit den Zeiträumen vor und nach diesem subjektiv kontinuierlichen Erfahrungsblock, also vor der Geburt und nach dem Tod? Stellen diese nicht eine Art Leerstelle für das Subjekt dar, schließlich existiert es ja in beiden nicht? Der Gedanke, dass dies der Fall sein könnte, bedeutet, wie ich bereits dargelegt habe, die Nichtexistenz mit einem Zustand zu verwechseln, in dem wir als machtloses Ich, das sich mit „der Schwärze“ konfrontiert sieht, irgendwie in primitiver Form fortbestehen. Gewiss halten wir normalerweise die Zeit vor unserem Eintritt in die Existenz nicht für einen Abgrund, dem wir entkommen konnten; wir finden uns einfach in der Welt wieder. Die Tatsache, bei Bewusstsein zu sein, lässt sich für uns nicht mit einem vorherigen Zustand der Nichterfahrung vergleichen.
Für das Subjekt stellt das Bewusstsein während des gesamten Lebens eine Konstante dar.
Tom Clark
Das Gleiche gilt für die Zeit nach dem Tod. Es wird keinen zukünftigen persönlichen Zustand der Nichterfahrung geben, mit dem wir unseren gegenwärtigen Zustand des Bewusstseins vergleichen können. Alles, was wir als Subjekte besitzen, ist dieser Block der Erfahrung. Wir wissen selbstverständlich, dass es sich um einen endlichen Block handelt, aber da das alles ist, über das wir verfügen, können wir seine Endlichkeit nicht erfahren. So sehr wir auch mit Sicherheit wissen können, dass unsere spezifische Ansammlung von Erinnerungen, Wünschen, Absichten und Gewohnheiten zu einem Ende kommen wird, so kann dieses Ende doch keine konkrete Tatsache für uns sein, sondern lediglich ein Gerücht – etwas, das wir nur vom Hörensagen kennen. Was uns als Subjekte betrifft, befinden wir uns also immer inmitten der Erfahrung (auch wenn das am jetzigen Punkt meiner Ausführungen noch etwas fadenscheinig klingen mag).
Doch selbst all das vorausgesetzt: Wenn wir uns vorstellen, dass unser Tod unmittelbar bevorsteht (sagen wir, in einer Minute), bleibt es schwierig, nicht Fragen zu stellen wie: „Was wird mit mir geschehen?“ oder „Was kommt als Nächstes?“ – und dann das Einsetzen des Nichts zu erwarten. Es ist außerordentlich verlockend, uns selbst – sprich: diesen Ort des Bewusstseins – in die Zukunft zu projizieren und die Schwärze oder die Leere der Nichterfahrung zu erwarten. Aber da wir das Nichts oder die Nichterfahrung als Schicksal der Subjektivität ausgeschlossen haben: Was sind dann plausible Antworten auf solche Fragen? Auf die erste können wir ziemlich leicht verzichten. Unser „Ich“, das durch Persönlichkeit und Erinnerungen gekennzeichnet ist, endet einfach. Erfahrung findet nicht mehr im Kontext dieser Persönlichkeit und dieser Erinnerungen statt. Die zweite Frage („Was kommt danach?“) ist etwas kniffliger, denn wenn wir nicht davon ausgehen, dass unser Tod mit dem Ende des gesamten Universums zusammenfällt, ist es unmöglich, hier ernsthaft mit „Nichts“ zu antworten. Denn „Nichts“ ist genau das, was als nächstes nicht passieren kann. Was als nächstes passiert, muss etwas sein, und ein Teil dieses Etwas besteht in verschiedenen Arten von Bewusstsein. Die Erfahrung setzt sich in dem ganz gewöhnlichen Sinn, dass andere Bewusstseinszentren existieren und entstehen, nach meinem Tod fort. Dies ist das Etwas (zusammen mit vielen anderen Dingen), das auf das Ende meiner ganz eigenen Menge an Erfahrungen folgt.
Burgess behauptet, es erscheine frivol sich im Angesicht des Todes „mit einer Welt zu beschäftigen, die bald wie ein Fernsehbild bei einem Stromausfall verblassen wird“. Doch als Menschen, die den Tod anderer miterlebt und überlebt haben, wissen wir, dass die Welt nicht verblasst. Sie geht in vielerlei Hinsicht weiter, einschließlich des Fortbestehens unserer besonderen subjektiven Welten. Der Tod beendet einzelne Subjektivitäten, während gleichzeitig andere weiter bestehen oder geschaffen werden.
Anstatt beim Sterben das Nichts zu erwarten, schlage ich vor, dass wir das subjektive Gefühl erwarten sollten, schon immer präsent gewesen zu sein.
Tom Clark
Wie ich oben versucht habe, deutlich zu machen, besitzen Subjektivitäten – Zentren des Bewusstseins – für sich selbst keinen Anfang und kein Ende, sondern sie finden sich einfach in der Welt wieder. Aus ihrer Perspektive ist es so, als wären sie immer da gewesen, immer hier; als wären die verschiedenen Welten, die das Bewusstsein hervorruft, schon immer „an Ort und Stelle“. Selbstverständlich wissen wir, dass sie, von einem objektiven Standpunkt aus betrachtet, nicht immer da sind, aber ihr eigenes Nichtsein ist für sie nie erfahrene Wirklichkeit. Dieser Fakt sowie die Tatsache, dass andere Subjektivitäten nach unserem Tod auf uns folgen, legt eine Alternative zur Intuition des drohenden Nichts im Angesicht des Todes nahe (seien Sie gewarnt, dass dieser Vorschlag wahrscheinlich obskur erscheint, bis er mithilfe des folgenden Gedankenexperiments konkretisiert wird). Anstatt beim Sterben das Nichts zu erwarten, schlage ich vor, dass wir das subjektive Gefühl erwarten sollten, schon immer präsent gewesen zu sein – erlebt in einem anderen Kontext, dem Kontext, der von den Subjektivitäten bereitgestellt wird, die existieren oder ins Leben treten.
Mit diesem Vorschlag möchte ich nicht nahelegen, dass es übernatürliche, dem Tod trotzende Verbindungen mehrerer Bewusstseine gibt, die irgendwie Elemente der Erinnerung oder Persönlichkeit bewahren könnten. Das meine ich keinesfalls, denn die materielle Beweislage deutet darauf hin, dass alles, woraus eine Person besteht – ein lebendiger Körper, Bewusstsein, Persönlichkeit, Erinnerungen, Vorlieben, Erwartungen und so weiter – mit dem Tod ausgelöscht wird. Persönliche subjektive Kontinuität, wie ich sie oben definiert habe, setzt voraus, dass es sich bei Erfahrungen um die Erfahrungen einer bestimmten Person handelt; daher wird diese Art von Kontinuität durch den Tod begrenzt. Wenn ich also sage, dass Sie sich nach dem Tod auf das „subjektive Gefühl, immer präsent gewesen zu sein“, freuen sollten, dann spreche ich ziemlich vage, denn es sind nicht Sie – nicht diese Gruppe von persönlichen Eigenschaften –, die das „Anwesend-Sein“ erleben werden. Vielmehr wird es eine andere Gruppe von Merkmalen (tatsächlich sogar zahllose Gruppen) sein, die vielleicht ganz andere Arten von Erfahrungen ermöglichen kann. Aber trotz dieser (vielleicht radikalen) Unterschiede wird dieses Konglomerat von Merkmalen das qualitativ gleiche Gefühl empfinden, immer hier gewesen zu sein, und es wird, wie Sie, niemals sein Ende erleben.
Transformation und allgemeine Subjektivität:
Ein Gedankenexperiment
Um dieses geteilte, anhaltende Gefühl, „immer schon da gewesen zu sein“, konkreter zu machen, möchte ich ein Gedankenexperiment nach Rip-Van-Winkle-Art durchführen. Stellen Sie sich vor, dass wir in einer vielleicht gar nicht so fernen Zukunft eine Technologie entwickeln, mit der sich biologische Prozesse zuverlässig anhalten und dann wieder in Gang setzen lassen. Man könnte als Mensch, wenn man es wünschte, für eine unbestimmte Zeit „angehalten“ und wieder „gestartet“ werden (einige gutgläubige und vielleicht naive Seelen haben in Erwartung einer solchen Technologie bereits ihre Gehirne oder ganzen Körper einfrieren lassen). Im Grunde genommen würde man also in Schlaf versetzt und erwacht dann, nach wie vielen Jahren auch immer, mit intakten Erinnerungen und intakter Persönlichkeit.
Aus der Sicht des Subjekts unterscheidet sich so eine Unterbrechung des Bewusstseins nicht von einem normalen nächtlichen Schlaf. Die Länge des unbewussten Intervalls – Minuten, Jahre oder Jahrhunderte – macht keinen Unterschied. Es gibt einfach die letzte Erfahrung vor der Unterbrechung und dann die erste Erfahrung während der Reaktivierung, ohne eine erfahrene Lücke oder ein Intervall des Nichts dazwischen. Im Prinzip könnte ein Subjekt Millionen Jahre auf diese Weise ruhen, um dann zu erwachen, ohne ein Gefühl dafür zu besitzen, dass Zeit vergangen ist, abgesehen natürlich von den Hinweisen, die ihm die veränderten Umstände bei der Wiedererlangung seines Bewusstseins geben. Die persönliche subjektive Kontinuität wäre über die Zeitalter hinweg erhalten geblieben.
Nehmen wir weiter an, dass während der Zeit der Bewusstlosigkeit (deren Länge für meine Ausführungen unwichtig ist) Veränderungen in den Erinnerungen oder der Persönlichkeit oder in beiden stattfinden, entweder absichtlich oder durch eine unbeabsichtigte Degradierung. Ich schlafe als TC ein und wache als TC/mod (modifiziert) auf (der Leser wird ermutigt, im Folgenden seine eigenen Initialen einzusetzen). Wenn die Veränderungen nicht zu radikal sind, werde ich (und werden andere) in der Lage sein, mich wieder als TC zu identifizieren, wenn auch in einer modifizierten Version, deren Unterschiede zum Original ich vielleicht selbst erkennen kann, vielleicht aber auch nicht („Komisch, ich kann mich nicht erinnern, jemals zuvor Kalbsleber gemocht zu haben. War ich schon immer so mürrisch? Ich frage mich, ob diese Technik wirklich so gut funktioniert, wie behauptet wird. Vielleicht hat irgendein skrupelloser Techniker an meinem Hypothalamus herumgepfuscht, während ich bewusstlos war. Alles in allem scheine ich aber relativ unversehrt zu sein“). Angenommen, dass diese Art der Re-Identifizierung möglich ist, so bleibt die persönliche subjektive Kontinuität auch über das unbewusste Intervall hinweg erhalten. Es gäbe keine subjektive Lücke oder Pause zwischen der letzten Erfahrung von TC und der ersten Erfahrung von TC/mod. Für TC/mod war TC niemals nicht da. Es gibt lediglich einen Erfahrungsblock, dessen Kontext eine abrupte, aber überschaubare Veränderung erfuhr, als TC in Gestalt von TC/mod aufwachte.
Es kommt nicht zu einem subjektiven Ende der Erfahrung.
Tom clark
Es stellt sich nun eine Reihe interessanter Fragen, die vielleicht ein gewisses instinktives Verständnis dafür erzeugen, was ich mit dem Gefühl meine, immer anwesend gewesen zu sein. Erstens: Wie groß muss die Veränderung zwischen TC und TC/mod sein, um die persönliche subjektive Kontinuität zu zerstören? An welchem Punkt würden wir anfangen zu sagen: „Nun, TC ist ‚gestorben‘ und ein Fremder bewohnt jetzt seinen Körper; die Erfahrung für TC ist zu Ende und findet jetzt für jemand anderen statt“? Es ist überhaupt nicht klar, wo hier die Grenze gezogen werden soll. Aber nehmen wir an, dass wir sie irgendwo gezogen haben, zum Beispiel beim vergeblichen Versuch, Familie und Freunde zu erkennen, oder vielleicht bei einer stark veränderten Persönlichkeit und der Behauptung, nicht TC, sondern jemand ganz anderes zu sein. Stellen Sie sich vor, die Veränderungen sind so radikal, dass jeder zustimmt, dass es nicht TC ist, der uns beim Erwachen gegenübersteht; er existiert nicht mehr. Was geschieht angesichts dieser eher unorthodoxen Art des Sterbens mit der Intuition, dass für TC nun „Nichts“ zu existieren scheint?
Wir haben gesehen, dass es bei kleinen oder moderaten Veränderungen des Gedächtnisses und der Persönlichkeit keine subjektive Lücke und kein positives Nichts zwischen aufeinanderfolgenden Erfahrungen auf beiden Seiten des unbewussten Zeitabschnitts gibt. Stattdessen erfolgt ein sofortiger Übergang von einer zur anderen Erfahrung (TC/mod sagt: „Ich bin immer noch hier, mehr oder weniger wie vorher. Es kommt mir vor, als wäre ich vor einer Sekunde eingeschlafen.“) In Anbetracht dessen scheint es falsch zu sein, anzunehmen, dass an einem weiter entfernten Punkt im Kontinuum der Veränderung (dem Punkt, an dem wir entscheiden, dass jemand anderes existiert) auf TCs letzte Erfahrung vor der Bewusstlosigkeit nicht unmittelbar weitere Erfahrungen folgen. Diese finden in einem wesentlich oder vielleicht radikal veränderten Kontext statt, nämlich dem des Bewusstseins der neuen Person, die erwacht. Sie mögen nicht die Erfahrungen von TC sein, aber es kommt nicht zu einem subjektiven Ende der Erfahrung. Für TC gibt es keinen schwarzen Abgrund des Nichts. Die Zerstörung der persönlichen subjektiven Kontinuität (das heißt, die Beendigung eines bestimmten Subjekts durch die Transformation, die wir uns ausgemalt haben) führt nicht zur Schaffung einer positiven Abwesenheit von Erfahrung „zwischen“ Subjekten, in die der unglückliche TC fällt oder aus der die neue Person hervorgeht. Vielmehr wird lediglich der Erfahrungskontext so radikal verändert, dass wir und die Person, die aufwacht, entscheiden, dass TC nicht mehr existiert. Der Tod ist in diesem Fall eine Frage der Konvention, nicht der Biologie, und er hat das Bewusstsein nicht unterbrochen, sondern nur dessen Kontext verändert.
Obwohl diese Transformation die persönliche subjektive Kontinuität unterbrochen hat, die durch einen stabilen Kontext von Erinnerung und Persönlichkeit vermittelt wird, gibt es noch eine andere Art von Kontinuität oder Gleichheit, nämlich die, die durch das gemeinsame Gefühl entsteht, immer präsent gewesen zu sein. Diese allgemeine subjektive Kontinuität ist unabhängig vom Kontext des Gedächtnisses und der Persönlichkeit (das heißt, des Seins als eine bestimmte Person) und besteht einfach darin, dass derjenige, der aufwacht, das Gefühl hat, schon immer hier gewesen zu sein, dass es keine subjektive Leere „vor“ seiner gegenwärtigen Erfahrung gegeben hat. Wir können uns, glaube ich, vorstellen, dass wir einschlafen, radikal verwandelt werden und jemand anderes aufwacht, ohne dass wir uns Sorgen machen müssen, ins Nichts zu fallen, obschon wir nicht mehr existieren. Die erste Erfahrung von TC/rad (ein radikal veränderter TC, der nicht mehr als dieselbe Person identifizierbar ist) würde direkt auf die letzte Erfahrung von TC folgen. Wenn es keine subjektiven Lücken des positiven Nichts zwischen aufeinanderfolgenden Erfahrungen eines Individuums gibt, dann wird es auch keine Lücke zwischen der letzten Erfahrung einer Person und der ersten Erfahrung ihres radikal veränderten Nachfolgers geben. Diese erste Erfahrung tritt in einem Kontext von Erinnerung und Persönlichkeit auf, der dasselbe Gefühl der ständigen Anwesenheit vermittelt, das durch das Bewusstsein der ursprünglichen Person erzeugt wurde.
Aber die Schwierigkeit dabei ist natürlich, dass es willkürlich oder einfach falsch erscheint, zu sagen, dass die Erfahrung von TC/rad unmittelbar auf die letzte Erfahrung von TC folgt, wenn es keine Verbindung von Erinnerungen oder der Persönlichkeit gibt, sondern nur eine gewisse körperliche Kontinuität (und wenn wir wollen, können wir uns vorstellen, dass während der unbewussten Periode auch drastische körperliche Veränderungen vorgenommen werden, sodass TC/rad nicht mehr wie sein Vorgänger aussieht). Objektive Tatsache ist, dass TC eine letzte Erfahrung macht und TC/rad irgendwann später eine erste Erfahrung macht. Aber trotz des Mangels an persönlicher subjektiver Kontinuität, trotz des Umstands, dass wir an einem bestimmten Punkt im Kontinuum der Veränderung (im Gedächtnis, in der Persönlichkeit und im Körper) entscheiden können, dass TC nicht mehr existiert, um Erfahrungen zu machen, endet die Erfahrung für ihn nicht. Das heißt, es gibt kein Einsetzen des Nichts. Womit wir es stattdessen zu tun haben, ist eine Transformation des Subjekts selbst, eine Transformation des Bewusstseinskontextes, während die Erfahrung weiterläuft, ohne das unbewusste Intervall zu bemerken, in dem die Transformation stattgefunden hat. Es ist nicht so, dass die Erfahrung von TC/rad der von TC in dem Sinne folgt, dass sie mit ihr durch die Erinnerung oder die Persönlichkeit verbunden ist, sondern dass es kein subjektives Intervall und keine Lücke zwischen ihnen gibt, die von beiden Personen erlebt wird. Dies drückt sich dadurch aus, dass TC/rad wie TC das Gefühl hat, immer anwesend gewesen zu sein. Wie radikal der Kontextwechsel und wie lang das unbewusste Intervall auch sein mag, es scheint, dass das Bewusstsein – für sich selbst, in seinem allgemeinen Aspekt des „immer gegenwärtig gewesen sein“ – immun gegenüber Unterbrechungen ist.
Tod und Geburt
Nennen wir das Schicksal von TC, TC/rad zu werden, „Tod durch Transformation“. Ich behaupte, dass das Bewusstsein in diesem allgemeinen Sinn über eine solche Transformation hinweg subjektiv kontinuierlich ist. Von „seinem“ Standpunkt aus betrachtet, hört die Erfahrung niemals auf, auch wenn objektiv gesehen (von „außen“) ein Kontext für sie endet und später, so viel später, wie man sich auch vorstellen mag, ein anderer Kontext beginnt. Der nächste Schritt meiner Argumentation besteht darin, diese Schlussfolgerung auf den gewöhnlichen Tod und die Geburt anzuwenden. Stellen Sie sich vor, dass TC, anstatt in eine Art Nachfolger verwandelt zu werden, durch einen unvorsichtigen Techniker von der Bewusstlosigkeit in den unumkehrbaren Hirntod befördert wird. Irgendwo und irgendwann später entsteht ein neues Bewusstsein, entweder auf natürliche oder auf künstliche Weise. Abgesehen davon, dass die physischen Inkarnationen von TC und diesem anderen Bewusstsein keine kausale Verbindung besitzen, ist diese Situation dasselbe wie der „Tod durch Transformation“. Das heißt, ein Bewusstseinszusammenhang ist erloschen und ein ganz anderer beginnt. Während des objektiven Intervalls gab es keine subjektive Unterbrechung des Bewusstseins, nur der Erfahrungskontext hat sich geändert.
Diese These impliziert, dass, selbst wenn alle Bewusstseinszentren ausgelöscht würden und das nächste bewusste Lebewesen in Millionen von Jahren (vielleicht in einer weit, weit entfernten Galaxie) auftauchen würde, es noch immer kein subjektives Interregnum gäbe. Die Subjektivität würde diese (objektive) Lücke genauso leicht überspringen, wie sie die Lücke zwischen unserer letzten Erfahrung vor dem Schlaf und der ersten nach dem Aufwachen überspringt. All die langweiligen Zeitalter, die ohne die Existenz eines Subjekts vergehen, werden für das entstehende Subjekt irrelevant sein. Sie werden auch nicht als „Nichts“ für all die bewussten Entitäten zählen, die aufgehört haben zu existieren. Subjektivität, Gewahrsein, Bewusstsein, Erfahrung – wie auch immer wir es nennen – hört nie auf, zu entstehen.
Während des objektiven Intervalls gab es keine subjektive Unterbrechung des Bewusstseins, nur der Erfahrungskontext hat sich geändert.
Tom clark
An diesem Punkt ist es wahrscheinlich, dass unsere Intuitionen in Bezug auf Erfahrungen, die „über die Kluft springen“, bis zum Äußersten beansprucht wurden. Wir sind von der ziemlich unumstrittenen Tatsache der Kontinuität der Erfahrung einer Person (keine subjektiven Lücken im Bewusstsein während eines Lebens) zu dieser scheinbar abwegigen Vorstellung übergegangen, dass das Bewusstsein an sich resistent gegenüber dem Tod oder überhaupt jeder Art von objektiver Unterbrechung ist. Aber lassen Sie mich kurz meine wichtigsten Punkte wiederholen, um eine gewisse Plausibilität herzustellen.
- Es ist eine alltägliche, wenn auch kontingente Tatsache des Lebens, dass, wenn ich sterbe, andere Subjekte existieren, und daher ist Subjektivität unter diesen Umständen gegen meinen Tod immun.
- Wenn ich eine Zeit lang bewusstlos bin, erlebe ich diese Zeitspanne nicht; ich bin immer „anwesend“; das ist es, worum es sich bei „persönlicher subjektiver Kontinuität“ handelt.
- Wenn nach einer Periode der Bewusstlosigkeit die verwandelte Person, die aufwacht, nicht mehr ich bin, gibt es trotzdem keine wahrgenommene Lücke im Bewusstsein. Die Person, die aufwacht, hat das gleiche Gefühl wie ich (und fühlt daher „immer noch“), dass sie schon immer anwesend war. Es gab für sie keine vorherige Erfahrung, nicht anwesend zu sein, und wenn ich aufhöre zu existieren, habe ich auch keine solche Erfahrung; das ist es, worum es sich bei „allgemeiner subjektiver Kontinuität“ handelt.
- Tod und Geburt sind „funktional äquivalent“ zu der Art von Transformation in 3), sodass es auch hier keine wahrgenommene Lücke gibt, kein Nichts der Nichterfahrung, in das das Subjekt fallen könnte. Die allgemeine subjektive Kontinuität gilt für alle objektiven Diskontinuitäten in der Existenz bewusster Wesen.
Die Punkte 3) und 4) sind sicherlich am schwierigsten zu akzeptieren, und ihre Annahme hängt wirklich davon ab, ob wir bereit sind, den rutschigen Abhang des Gedankenexperiments der Transformation hinunterzugleiten. Wenn man nicht an die Idee einer Seele oder eines unteilbaren Selbst glaubt, ist das einfach. Aus einer naturalistischen Perspektive betrachtet, handelt es sich beim Selbst um nichts weiter als eine kontingente Ansammlung von recht stabilen Persönlichkeitsmerkmalen, von Erinnerungen und körperlichen Eigenschaften. Daher ist der Unterschied zwischen meiner Verwandlung in jemanden, der noch erkennbar ich ist, und jemanden, der kaum noch ich ist, kein Unterschied, der das Bewusstsein daran hindern würde, die Kluft zu überspringen. Wenn es im ersten Fall kein Nichts zwischen den Erfahrungen gibt, dann gibt es dies auch im zweiten Fall nicht.
Der Grund, warum 3) eine gewisse intuitive Plausibilität haben könnte, besteht darin, dass wir von unserer eigenen gewöhnlichen Erfahrung subjektiver Kontinuität auf Fälle verallgemeinern können, in denen wir nicht ganz sicher sind, wer aufwacht. Wir können dann sehen, dass selbst bedeutsame Veränderungen im Erfahrungskontext keine subjektiven Lücken erzeugen. Es ist die Abwesenheit solcher Lücken, die zu dem anhaltenden geteilten Gefühl führt, immer anwesend gewesen zu sein, was schließlich die allgemeine Kontinuität ausmacht.
Niemand von uns wird jemals die Erfahrung machen, nicht hier zu sein.
tom clark
4) erscheint nur dann plausibel, wenn wir im Extremfall von 3) (eine völlig andere Person wacht auf) das akzeptieren, was ich als allgemeine Kontinuität bezeichne, und zudem annehmen, dass es keinen wirklichen Unterschied zwischen dem Tod durch Transformation und dem gewöhnlichen Tod gibt. Diese Äquivalenz ist schwer zu akzeptieren, da es beim gewöhnlichen Tod keine kausale „Nachfolgeperson“ gibt, die das von der verstorbenen Person aufgegebene Bewusstsein „übernimmt“. Aber bedenken Sie, dass in unserem Gedankenexperiment das Nachfolgebewusstsein, lange nachdem die ursprüngliche Person in Schlafe versetzt wurde, aktiviert werden kann. Außerdem könnte es ganz andere körperliche und persönliche Eigenschaften besitzen und sich an einem völlig anderen Ort befinden. Das einzige Bindeglied wäre vermutlich eine körperliche „Hülle“, deren Teile (einschließlich des Gehirns) verändert oder ersetzt werden könnten. Der extremste Fall von 3) ähnelt also dem gewöhnlichen Tod, mit dem Unterschied, dass es einen sehr abgeschwächten Nachfolger gibt, der durch eine radikale Transformation ins Leben tritt. Der gewöhnliche Tod und die Geburt laufen meiner Meinung nach auf solche radikalen Veränderungen der Subjektivität hinaus, nur dass es keinen offensichtlichen Kandidaten für einen Nachfolger gibt. Was ich sagen will, ist, dass wir keinen solchen Kandidaten brauchen, um die allgemeine Kontinuität der Erfahrung zu gewährleisten. Wir müssen nur sehen, dass die Kontinuität jene der Subjektivität selbst ist, abstrahiert von jedem besonderen Kontext, und sie findet ihren konkreten Ausdruck in der Tatsache, dass niemand von uns jemals die Erfahrung gemacht hat (oder jemals machen wird), nicht hier zu sein.
Trotz meiner naturalistischen und materialistischen Vorbehalte zu Beginn dieses Aufsatzes mag eine solche Schlussfolgerung immer noch mystisch klingen. Es könnte den Anschein haben, dass ich dem subjektiven Gefühl, immer anwesend gewesen zu sein, zu viel Gewicht beimesse, und indem ich behaupte, dass die Subjektivität an sich immer „da ist“, zudem die enormen Zeiten und Räume irgnoriere, in denen überhaupt kein Bewusstsein existiert. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass ein Materialist hier erkennen kann, dass das Bewusstsein als rein physikalisches Phänomen, das durch das Gehirn instanziiert wird, eine Welt schafft, die subjektiv immun gegen sein eigenes Verschwinden ist. Gerade die Endlichkeit eines selbstreflexiven kognitiven Systems ist es, die es daran hindert, seinen eigenen Anfang oder sein eigenes Ende zu erleben. Dadurch wird verhindert, dass es für dieses kognitive System irgendeinen anderen Zustand als den der Existenz gibt. Nur aus anderen Perspektiven ist sein Ende ein Ereignis und seine Nichtexistenz eine gegenwärtige Tatsache. Wir werden nach dem Tod kein Nichtsein erfahren, wir werden nicht „ins Schwarze übergehen“. Stattdessen bestehen wir weiter als die allgemeine Subjektivität, die sich immer im Hier wiederfindet – in den verschiedenen Bewusstseinskontexten, die das physische Universum zu erschaffen vermag. Wenn ich Ihnen also empfehle, sich auf das (fortdauernde) Gefühl zu freuen, schon immer hier gewesen zu sein, dann sollten Sie das „Sie“ in diesem Fall nicht als eine bestimmte Person verstehen, sondern als einen Zustand des Bewusstseins, der sich zwar in endlichen Subjektivitäten manifestiert, aber dennoch immer gegenwärtig ist.
Sich mit der allgemeinen Subjektivität zu identifizieren, ist vielleicht das Äußerste, was der naturalistische Materialist tun kann, um eine Art von Unsterblichkeit anzuerkennen. Es ist keine konventionelle Unsterblichkeit (nicht einmal so gut wie ein Leben in der Erinnerung anderer, mögen manche denken), denn es überlebt nicht „einer“ oder „eine“, sondern nur das Fortbestehen der Subjektivität an sich. Man könnte einwenden, dass ich, wenn ich gegen den Mythos des positiven Nichts argumentiere, zu weit gehe, weil ich behaupte, es gäbe eine Art positive Verbindung zwischen Subjektivitäten (wenn auch bloß eine Verbindung, die nicht dafür sorgt, dass das Individuum erhalten bleibt). Ferner könnte man annehmen, ich ginge davon aus, dass ein ewiges Subjekt existiert, das in allen Erfahrungskontexten immer gegenwärtig ist. Doch ich würde dieser Auslegung nicht beipflichten, da sie eine Entität jenseits spezifischer Bewusstseine postuliert, für die es keine Beweise gibt. Gleichwohl fangen solche Formulierungen etwas von dem Gefühl für Subjektivität und Tod ein, das ich vermitteln möchte.
Sich mit der allgemeinen Subjektivität zu identifizieren, ist vielleicht das Äußerste, was der naturalistische Materialist tun kann.
tom clark
Es ist möglich, dass diese Sichtweise es leichter macht, mit der Aussicht auf das persönliche Erlöschen umzugehen, da wir, wenn wir sie akzeptieren, nicht mehr damit rechnen müssen, in Vergessenheit geschleudert zu werden und der ewigen Schwärze zu begegnen, die Burgess so beunruhigt hat (und die, wie ich vermute, viele Atheisten und Agnostiker insgeheim quält). Vielleicht können wir auch unsere Persönlichkeiten leichter annehmen, wenn wir uns schlicht als Variation eines Themas der Subjektivität betrachten, die nicht Gefahr läuft, durch unser Ableben ausgelöscht zu werden. Natürlich sind wir nicht in der Lage, unsere biologisch bedingte Abneigung gegen den Tod völlig beiseitezuschieben, aber wir können uns bei seinem Herannahen fragen, warum wir so sehr an diesem spezifischen Kontext des Bewusstseins hängen. Warum ist es so furchtbar wichtig, wenn die Erfahrung ohnehin fortbesteht, dass sie innerhalb dieser Gruppe von Erinnerungen und persönlichen sowie körperlichen Merkmalen andauert? Wenn wir nicht mehr vom Nichts heimgesucht werden, dann erscheint das Sterben vielleicht eher als radikale Auffrischung der Subjektivität denn als deren Auslöschung.
Δ Tom Clark
Tom Clark betreibt die Website Naturalism.Org, eine der umfangreichsten Ressourcen im Internet zur philosophischen Strömung des Naturalismus. Er ist zudem als leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institute for Behavioral Health der Brandeis University tätig, wo er an Lösungen für Drogenabhängigkeit und andere Verhaltensstörungen arbeitet.